Thera heute

Im Konflikt  gefangen.

Wir haben nur noch wenige Monate, dann sind die Therapiestunden alle. Offiziell gibt es ja diese Zwei-Jahres-Sperrfrist nicht, man kann nur keinen Verlängerungsantrag stellen.

Dummerweise werden Neuanträge aber in der Regel dann nicht bewilligt bis die zwei Jahre dann halt um sind.

Was ich wollen würde, ist weiter an den Gefühlen arbeiten, am zulassen lernen, können, Steuerungsmöglichkeiten der Intensität erlernen, so dass es mehr als ein „an/aus“ ist. Aktuell ist es mehr oder weniger ein entweder gar nicht fühlen oder überflutet werden. Wobei nicht fühlen auch nur vordergründig ist – innerlich steigt halt der Druck, irgendwann eskaliert es und dann geht das nicht fühlen bis zur nächsten Eskalation weiter.

Es ist sehr unrealistisch in den verbleibenden Terminen da eine Lösung zu finden, die dann auch 2 Jahre „trägt“.

Die andere Option wäre die vernünftigere: an sicheren Orten arbeiten, den Turm gestalten, das Gefühle wegpacken wieder intensivieren, damit das „nicht fühlen“ nicht mehr nur vordergründig ist. Eventuell noch die eine oder andere Situation aufgreifen und bearbeiten.

Der Kopf ist da klar. Das Gefühl schreit „aber das will ich nicht!“. Schlicht weil ich die letzten Jahre mühsam daran gearbeitet habe den Anteil, der zulassen will, der das allumfassende „darf nicht“ was Gefühle angeht aufzuweichen, eben einen Ort und Raum zu schaffen, wo Gefühle sein dürfen (auch wenn es mit Ausdruck derselben noch happert, ist das fühlen, spüren, wahrnehmen ja tatsächlich da möglich), zu stärken.

Ihn auch dann noch hörbar zu machen, wenn Täterintrojekte und Co ohrenbetäubend laut schreien.

Es war ein so langer und harter Weg dahin. Und allein der Gedanke, dass jetzt auch in der Thera Gefühle „nicht mehr sein dürfen“ – löst Verzweiflung aus.

Außerdem merke ich ja jetzt schon, dass sich das mit dem alten „darf nicht“ mischt. Dass beim Gefühl sich doch wieder das „darf nicht“, „interessiert niemand“ und vor allem „ist gefährlich und ein No-Go“ einschleicht. Egal wie sehr ich das im Kopf getrennt kriege – auf Gefühlsebene fühlt es sich wie damals an.

Ich hab sehr viele Jahre gebraucht, bis ich soweit war, dass Therapietermin gleichzusetzen war mit: hier haben auch Gefühle ihren Raum, dürfen sie sein, muss ich nicht funktionieren.

Das wäre in Gefahr. Es ist eine Sache, ob eben einfach keine Theratermine mehr sind und daher der Raum wegfällt oder ob ich ich dafür entscheide, dass ich die Theratermine dafür nicht mehr nutze, weil es keinen Sinn macht – etwas anderes – sinnvoller und vernünftiger ist.

Es würde so viel kaputt machen, was ich mir mühsam erarbeitet hatte. Einfach weil ich noch nicht soweit bin, dass ich das vom alten Mist getrennt kriege – auf Gefühlsebene.

Also ging es heute darum zu schauen wo ich stehe und was ich eben noch erreichen möchte.

Ich weiß nicht was sinnvoller wäre. Im Sinne, dass es mich eben weiterbringt. Sowohl über diese blöden 2 Jahre als auch danach.

Im Moment schaffe ich es nicht mich damit abzufinden, dass es für mich halt so ist – dass ich nicht wirklich fühlen kann. Dass ich da noch keinen konstruktiven Umgang mit gefunden habe und in den nächsten Jahren auch nicht finden kann. Mich damit abzufinden, dass ich die nächsten Jahre eben Gefühle wegpacken muss, dran arbeiten, schauen, möglichst nicht zu fühlen und irgendwie mit dem inneren Druck und der Symptomatik umzugehen, der dadurch ausgelöst wird.

Es gab und gibt ja durchaus einen Grund, warum ich den Umgang mit Gefühlen auch lernen will und muss, wenn ich etwas ändern will – in meinem Leben, an meiner Lebensqualität.

Ja wir sind da auf dem Weg, aber dummerweise reicht die Zeit nicht.

Ich hab auch Schwierigkeiten damit umzugehen, dass es eben jetzt nicht mehr darum geht was ich möchte, will, mir wünsche, sondern ich Kompromisse schließen muss, schauen muss, was unter diesen Umständen eben das beste ist.

Es löst viel Verzweiflung und Trauer aus, ist auch ein Abschiednehmen von Träumen, Vorstellungen, Hoffnungen.

Diesmal wird es in der Ambulanz keinen Therapieersatz geben. Die Termine beim Ersatzthera bleiben, aber eben weiterhin in diesen Abständen und weiterhin max. 30 Minuten.

Ich hab immer an mir gearbeitet. Und ich werde sicher auch einiges finden, an dem ich alleine arbeiten kann. Trotzdem ist es was anderes.

Dazu kommt, dass es halt keinen Ansprechparter für Krisenzeiten gibt. Also Ansprechpartner für „ich muss stationär“ schon, aber nicht inhaltlich für die Dinge, die eben das Problem machen.

Ich werde das irgendwie hinkriegen. Aber einfach wird es nicht.

Zusammen mit dem Betreuungwechsel sind es halt grad etwas viele Veränderungen. Boden der wegbricht.

Und ja – neuer Boden kann aufgebaut werden – muss aber eben erst aufgebaut werden.

In der Thera geht es immer noch darum zu schauen, was wir mit der verbleibenden Zeit eben machen wollen. Diese Entscheidung überfordert mich grade etwas. Ich kann nicht mehr sehen, was sinnvoll ist, was wichtig ist.

Ob es darum geht das sehr mühsam gezogene Pflänzchen das aus dem alten Mist ausbrechen will, fühlen lernen will weiter zu hegen – wohl wissend, dass es nicht sehr realistisch ist, dass da wirklich eine stabile Pflanze draus wird, aber in der Hoffnung, dann in zwei Jahren mit neuer Therapie (wo auch immer) darauf zurückgreifen zu können und dann hoffenlich ein neues Pflänzchen deutlich schneller zu ziehen.

Oder mich auf Abwehr- und Schutzmechanismen für die nächsten 2 Jahre zu konzentrieren, damit aber dem Pflänzchen auch noch einen gepflegten Fußtritt zu geben und dann wirklich neu anfangen zu müssen. Boden dafür bereiten und hoffen, dass sich irgendwo ein Samen findet, und nicht alles so zerstört ist, dass auch das nicht mehr da ist.

Beides hat seine Vor- und Nachteile – das eine eher auf die nächsten 2 Jahre bezogen, das andere darüber hinaus.

Will ich aber die Arbeit der letzten Jahre überhaupt so mit Füßen treten? Kann ich das?

Ist es richtig der Vernunft den Vorrang zu geben? Oder hat die Gefühlsebene auch ihre Berechtigung und muss ich grad deshalb fürs Gefühl und gegen den Kopf entscheiden?

Ich will keine Rastschläge. Das muss ich selbst entscheiden. Alleine. Vielleicht noch zusammen mit dem Thera – aber ohne große Einwirkung von außen. Denn ich muss auch mit den Konsequenzen leben.

 

 

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